Die TopoPhonien repräsentieren eine Raumklangkunst, die den architektonischen
Raum in das künstlerische Konzept einbezieht und die als intermediale Kunstform
gleichermaßen mit den Dimensionen Raum und Zeit substantiell arbeitet.
Anfang der 90er Jahre von Sabine Schäfer entwickelt, bezieht das Raumklangkunst-Projekt
TopoPhonien genuin die spezifischen Möglichkeiten der digitalen
Medienkunst ein. Dabei spielt die Digitalisierung des verwendeten Klangmaterials
in der Komposition eine besondere ästhetische Rolle als auch die Arbeit
mit einem Raumklangsteuerungssystem, das mehrschichtig und differenziert Raumklangbewegungen
über eine gewisse Anzahl von Lautsprechern ausführen kann. Solch ein
System ist Grundbedingung für die Produktion dieser Raumklanginstallationen
und wurde von Sukandar Kartadinata (Systemdesign) in den Jahren 1990-92 etabliert
und zwischenzeitlich als 32-kanaliges voll digitales System (Topoph40D) weiterentwickelt.
Eine Beschreibung der spezifischen Eigenschaften dieses Raumklangsteuerungssystems
finden Sie auf der Homepage im Artikel "Der
Topoph24" von Sukandar Kartadinata.
Die topophonischen Installationen kreieren spezifische Klangräume, die substantiell die reale Bewegung des Klangs im Raum kompositorisch einbeziehen. Musikalische Strukturen werden sozusagen in den äußeren Raum aufgeklappt, d.h. die einzelnen Ebenen bzw. Schichten der Klangkomposition werden über eine im Raum installierte Lautsprechermatrix verschieden im Raum bewegt bzw. in den Raum gesetzt. Spezifisch für diese Raumklangkunst ist somit die freie Verteilung der Klangquellen im Raum und der um die reale Bewegung der Klänge erweiterte, kompositorische Klangraum, wodurch die Musik, die zu förderst als Zeitkunst definiert ist auch zur Raumkunst avanciert. Vergleichbar z.B. dem Medium Film bzw. Video, in der das vormals statische, räumlich sich repräsentierende Bild durch seine Bewegung als Zeitkunst erlebbar wird. Durch die vollkommene Synchronisation zwischen Klangerzeugung und Klangbewegung werden ähnliche Erfahrungen evoziert wie sie der Mensch in der natürlichen akustischen Umgebung erlebt, wo Geräusche und Klänge sich frei fließend bewegen und mischen.
Das Erleben der im Raum bewegten Klangereignisse intendiert nicht nur eine intensive räumliche Erfahrung, sondern wird auch zur Erfahrung von Zeit. Die Bewegung im Raum wird Zeit. Anders ausgedrückt: Das Zeitempfinden realisiert sich durch das Raumempfinden. Die Bewegung imaginiert somit gleichzeitig das Erleben von Raum und Zeit.
Der Aufführungsraum ist in das künstlerische Konzept von vorneherein eingebunden, und wirkt mit seinen spezifischen Konditionen quasi kreativ im Realisierungsprozeß mit. Weil der aus dem Lautsprecher ertönende Klang durch die reale Bewegung seine gewohnte, fixe Lokalität verliert, kann der architektonische Raum mit seinen spezifischen Gegebenheiten neu bzw. akustisch anders erlebt werden. Es handelt sich somit sowohl um ein akustisches Spezifisch-Werden des Raums als auch um die Kreation spezifischer Klangräume. Beides bedingt einander und erzeugt neue (Wahrnehmungs)Qualitäten.
Über das künstlerische Entwicklungsvorhaben TopoPhonien der Jahre 1990-92 sowie über die Raumklanginstallationsprojekte der Jahre 1992/93 informiert der Katalog TopoPhonien mit Beiträgen von Helga de la Motte-Haber, Dieter Daniels, Rudolf Frisius, Rolf Funck, Ludger Hünnekens, Wolfgang Rihm, Detlef Schmid u.a. Die Informationen sind auch auf dieser Homepage abrufbar.